Das anonyme Tafelgeschäft – Gold und Silber mit Bargeld kaufen
Februar 12, 2021Bis 2.000 Euro können Edelmetalle an der Ladentheke frei gekauft werden
In Zeiten des gläsernen Kunden, dessen Kaufgewohnheiten häufig Spuren hinterlassen, wünschen sich insbesondere Kapitalanleger mehr Anonymität. Wer heute seinen Gold- oder Silberbestand erweitern möchte und per Bankkarte oder Kreditkarte einkauft, findet seine Einkäufe anschließend als gespeicherte Kontobewegung wieder. Dabei ist es unerheblich, ob an der Ladentheke oder im Onlineshop gekauft wurde. Zwar unterliegen die Kreditinstitute dem Bankgeheimnis und behandeln alle Kundeninformationen diskret, doch die Stammdaten werden in einer zentralen Datenbank erhoben. Behörden erhalten über das automatische Kontenabrufverfahren Kenntnis von geführten Bankkonten und Bankschließfächern. Im Rahmen einer Insolvenz oder bei einer Steuerprüfung sind sie berechtigt, die Kontobewegungen von betreffenden Personen zu prüfen. Auf diese Weise kann dann auch der erworbene Edelmetallschatz aufgespürt werden.
Was bedeutet anonymes Tafelgeschäft und wie ist der Ablauf?
Eine Alternative zum Karteneinkauf oder Kauf per Überweisung ist das anonyme Tafelgeschäft. Dabei werden Gold, Silber, Platin oder Palladium mit Bargeld bezahlt. Diese Vorgehensweise hinterlässt normalerweise gar keine nachverfolgbaren Spuren – so als würde man Brötchen beim Bäcker einkaufen. Das hat den Vorteil, dass der Kunde nicht namentlich in Erscheinung treten muss. Und sofern es sich nicht um einen Stammkunden handelt, ist er noch nicht einmal dem Edelmetallhändler bekannt.
Dieses Direktgeschäft kann jedoch nur im stationären Handel stattfinden. Um Anlageprodukte anonym erwerben zu können, muss sich der Käufer während der normalen Öffnungszeiten in das Ladengeschäft des Anbieters begeben. Dort bezahlt er dann seine gewünschte Ware in bar. Es findet keine Identitätsprüfung oder Registrierung statt – vorausgesetzt der Warenwert überschreitet die gesetzlich vorgegebene Höchstgrenze nicht. Denn ein unbegrenzter Einkauf ist nicht möglich. Dennoch erhält der Kunde einen ordnungsgemäßen Kaufbeleg, auf welchem Datum, Warenbezeichnung und Betrag angegeben sind. Neben der Ware ist dies sein Eigentumsbeleg.
- Hätten Sie’s gewusst? Der Begriff »Tafelgeschäft« hat seinen Ursprung im Bankwesen. Bevor es die später üblichen Kassenschalter gab, wurden Geldgeschäfte ganz einfach über einen großen Tisch hinweg abgewickelt – also die Tafel. Am Tafelschalter wird Bargeld gegen Finanzprodukte getauscht. Beim Edelmetallhändler ist die Tafel seine Ladentheke. Dort wird das Bargeld des Kunden gegen Münzen oder Barren gewechselt.
Die Obergrenze für Barkäufe in Deutschland und anderen europäischen Ländern
Bis Ende 2019 galt in Deutschland noch ein Limit von 10.000 Euro pro Barkauf. Wenige Jahre zuvor konnten Anleger sogar bis zu 15.000 Euro Bares umsetzen. Zur Geldwäscheprävention und Terrorismusbekämpfung in Europa wurde die Bargeldobergrenze jedoch mit Wirkung zum 1. Januar 2020 per Gesetz auf lediglich 2.000 Euro gesenkt. Wobei sich der Wert genau genommen auf 1.999,99 Euro beläuft. Das löste insbesondere in den letzten Wochen des Jahres 2019 einen regelrechten Run auf die Edelmetallhändler aus.
Festgehalten ist die Senkung in der vierten Geldwäscherichtlinie der Europäischen Union (EU), die für alle Mitgliedsstaaten gilt. Dennoch kann jedes EU-Land eigene Beschlüsse fassen, solange der in der Richtlinie definierte Schwellenwert von maximal 10.000 Euro nicht überschritten wird. Die Anpassung nach unten wird in Fachkreisen auch »Gold Plating“ oder Überregulierung genannt. Sind es in Deutschland derzeit 2.000 Euro, darf in Frankreich bis zu einem Wert von 1.000 Euro bar eingekauft werden. Diese Obergrenze peilt auch Italien mit schrittweisen Senkungen an. In Spanien liegt das Limit bei 2.500 Euro. Besonders streng verhält sich Griechenland mit einer Obergrenze von 500 Euro. Zwar gehört die Schweiz nicht zur EU, doch auch im Drittstaat wurde die Anonymitätsgrenze 2020 von 25.000 Schweizer Franken auf 15.000 CHF gesenkt.
- Hinweis: Die Obergrenze von 2.000 Euro gilt je Einkauf bzw. Geschäftsvorfall, nicht pro Jahr oder pro Monat. Theoretisch kann also derselbe Kunde an mehreren Tagen hintereinander Gold und Silber bei verschiedenen Händlern kaufen. Alternativ kann er auch eine Vertrauensperson zum Einkaufen schicken. Regelmäßige Käufe beim selben Händler können allerdings als ein zusammenhängender Geschäftsvorfall gesehen und damit erfassungspflichtig werden.
Welche Auswirkungen hat die Obergrenze von 2.000 Euro auf Anleger?
Anleger oder Sammler können selbstverständlich auch unbegrenzt im stationären Edelmetallfachhandel einkaufen. Ab einem Warenwert von 2.000 Euro ist jedoch kein anonymer Barkauf mehr möglich. Überschreiten Beträge diese Obergrenze, sind Händler unabhängig von der gewählten Zahlungsmethode dazu verpflichtet, die Identität des Konsumenten festzustellen und für mindestens fünf Jahre zu archivieren. Dazu müssen sich Käufer mit ihrem Personalausweis oder einem Reisepass legitimieren, der dann gescannt wird.
Zudem sind Edelmetallanbieter im Rahmen der Verkaufsaktivitäten zur Abklärung verpflichtet, ob es sich um legale Anlagegeschäfte handelt oder ob zum Beispiel der Geldwäscheverdacht besteht. Im Verdachtsfall müssen Händler die Deutsche Zentralstelle für Finanztransaktions-Untersuchungen (FUI) informieren, sonst droht ihnen ein Bußgeld. Aufgrund des damit verbundenen erhöhten Aufwands haben sich bereits viele Edelmetallhändler aus dem anonymen Tafelgeschäft zurückgezogen.
- Tipp: Wer also jeden Tag den Edelmetallhändler seines Vertrauens aufsucht und dort immer bis zum Barlimit einkauft, wird automatisch meldepflichtig. Denn mehrere Käufe innerhalb kurzer Zeit gelten als ein Geschäftsvorfall. Käufer, die Anonymität bevorzugen, sind besser beraten, wenn sie ihre Goldkäufe oder Silberkäufe auf das Jahr verteilen.
Welche Produkte fallen unter das 2.000 Euro-Limit?
Solange der Goldpreis noch deutlich unter 2.000 Euro bleibt, können Anleger und Sammler die meisten bekannten Goldmünzen zu einer Feinunze bar bezahlen. Das gilt zum Beispiel für je ein Stück beliebter Bullionmünzen wie Ausstralian Kangaroo (Känguru-Nugget), China Panda, Krügerrand, Maple Leaf oder Wiener Philharmoniker. Bei kleineren Einheiten zu 1/10, 1/4 oder 1/2 Unze können entsprechend mehr Stücke erworben werden. Bei Goldbarren lassen sich Einzelteile zu einer Unze, 20 Gramm oder darunter noch bar bezahlen.
Da Silberprodukte wesentlich preiswerter sind, können für 2.000 Euro sogar mehrere Tuben zu 20 oder 25 Münzen à eine Feinunze erworben werden. Darunter fallen etwa beliebte Anlagemünzen wie American Eagle, Australian Koala, Lunar Serie I-III, Somalia Elefant oder Wedge-Tailed-Eagle. Bei Silberbarren können mehrere Stück zu ein Kilogramm, 500 Gramm, 10 Unzen oder kleiner anonym gekauft werden.
Nachteile des anonymen Tafelgeschäfts
Bei allen Vorteilen, die das anonyme Tafelgeschäft Anlegern oder Numismatikern bringt, ergeben sich ebenso einige Nachteile. Grundsätzlich bieten Online-Preisvergleiche einen guten Anhaltspunkt über aktuelle Angebote. Doch der Zeitpunkt des Kaufs ist ausschlaggebend. Während Investoren im Online-Shop sofort auf Kursschwankungen reagieren und zum angezeigten Preis kaufen können, kann sich der Betrag bis zum Eintreffen im Ladengeschäft bereits wieder geändert haben.
Darüber hinaus ist im Versicherungsfall ein Eigentumsnachweis zu erbringen. Bei einem anonymen Kauf von Edelmetallen ist der Kaufbeleg nicht personalisiert. Dies wird jedoch bei vielen Hausratversicherungen als Nachweis benötigt. Nicht zu vergessen ist die Lagerung von Produkten aus Gold, Silber und anderen Weißmetallen. Soll der Besitz auch nach dem Kauf anonym bleiben, muss die Ware im eigenen Heimsafe gelagert werden, denn ein Bankschließfach ist wie eingangs erwähnt nicht völlig geheim. Die Alternative ist eine Unterbringung bei einem privaten Lageranbieter außerhalb der EU.
- Transportrisiko: Der Barkauf stellt ein gewisses Risiko auf dem Transportweg dar: Mit einer größeren Summe Bargeld zum Edelmetallhändler und mit wertvoller Ware zurück. Beide Wege sind übrigens in der Regel nicht versichert.
Unterliegen Tafelgeschäfte der Abgeltungssteuer?
Wer sein Edelmetall nach einer Haltedauer von zwölf Monaten verkauft, muss keine Abgeltungssteuer entrichten. Innerhalb dieser Frist fällt jedoch eine Spekulationssteuer an und Gewinne aus der Veräußerung müssen in der Einkommensteuer-Erklärung angegeben werden.
- Mehrwertsteuer: Anlageprodukte aus Gold können bis auf wenige Ausnahmen grundsätzlich mehrwertsteuerfrei gekauft werden. Bei Silberprodukten fällt hingegen die gesetzliche MwSt. an. Vielfach besteht jedoch auch die Möglichkeit, Weißmetalle differenzbesteuert zu kaufen. Anleger erhalten dadurch etwas mehr Silber für ihr Geld.
Können Edelmetalle auch anonym verkauft werden?
Edelmetalle können nur zwischen Privatleuten anonym verkauft werden, etwa über Online-Auktionsplattformen oder Kleinanzeigen. Bei Edelmetallhändlern ist kein unregistrierter Verkauf möglich. Sie sind beim Ankauf von Münzen, Barren oder Altgold gesetzlich dazu verpflichtet, die Personalien des Verkäufers zu erfassen. Dieser muss sich per Ausweis identifizieren oder eine Bankverbindung angeben. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass kein Diebesgut in Umlauf kommt.
Die wichtigsten Punkte im anonymen Tafelgeschäft
- Beim anonymen Tafelgeschäft können Edelmetalle in Deutschland bis zu einer Obergrenze von 1.999,99 Euro mit Bargeld gekauft werden.
- Der Barkauf ist nur im Ladengeschäft und während der Öffnungszeiten möglich.
- Ab einem Warenwert von 2.000 Euro wird die Identität des Käufers auch bei Bargeschäften erfasst.
- Ein anonymer Verkauf von Gold oder Silber ist nur von privat zu privat möglich, jedoch nicht im gewerblichen Edelmetallankauf.
- Nach einem Jahr Haltedauer sind Gewinne aus Münzen- oder Barrenverkäufen von der Abgeltungssteuer befreit.